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Laufbahnbeispiele: Physiotherapie

Hochschulabsolventinnen und -absolventen berichten aus ihrem Berufsalltag. Was sind ihre aktuellen Aufgaben? Welche Tipps geben sie für den Berufseinstieg?

Physiotherapeut in einer Spezialklinik

Silvan Ottiger behandelt neben querschnittsgelähmten Patienten auch Sportlerinnen nach Verletzungen.

"Theorie und Praxis des Studiums sind sehr nahe am beruflichen Alltag des Physiotherapeuten."

Silvan Ottiger
© Silvan Ottiger
Silvan Ottiger

© Silvan Ottiger

Laufbahn

Alter/JahrTätigkeit/Ausbildung
19Eidg. Fähigkeitszeugnis als Informatiker EFZ, Fachrichtung Applikationsentwicklung: UBS, Zürich
20Kaufmännische Berufsmaturität: KV Business School, Zürich
21Zivildienst: Universitätsspital Zürich
24Praktikum Orthopädie: Privatklinik Bethanien, Zürich
25Praktikum Neurologie/Paraplegiologie: Schweizer Paraplegiker-Zentrum, Nottwil LU
25Bachelor in Physiotherapie: Zürich Hochschule für angewandte Wissenschaften
25Physiotherapeut: Schweizer Paraplegiker-Zentrum, Nottwil LU

Wie sieht Ihre aktuelle Tätigkeit aus?

Ich bin als Physiotherapeut im ambulanten Physiotherapie-Team des Schweizer Paraplegiker-Zentrums in Nottwil angestellt und behandle eine grosse Bandbreite von Patienten. Neben unserem Hauptauftrag für querschnittsgelähmte Patientinnen, behandeln wir auch Personen mit weiteren Erkrankungen des Nervensystems, des Bewegungsapparats sowie Sportler nach Verletzungen.

«Es ist jedes Mal ein spezielles Gefühl zu sehen, wie ein gemeinsam gesetztes Ziel erreicht wird und Patientinnen und Patienten ihre Selbstständigkeit wiedererlangen.»

Etwa 80 % meiner Arbeitszeit machen Einzelbehandlungen aus, die restliche Zeit brauche ich für andere Tätigkeiten oder Gruppentherapien.

Bei der Erstbehandlung wird zusammen mit den Patientinnen ein alltagsnahes und realistisches Ziel definiert. Dieses Ziel wird immer wieder geprüft und wenn nötig angepasst. So kann der Therapieerfolg oder -misserfolg gegen innen, etwa dem Patienten, oder gegen aussen, etwa Ärztinnen oder den Krankenkassen, kommuniziert werden.

Wie verlief Ihr Berufseinstieg?

Die Theorie und Praxis des Studiums sind sehr nahe am beruflichen Alltag der Berufsleute. Durch die zehn Monate Praktika, die wir im letzten Jahr des Studiums absolvieren, wird man gut in den Berufsalltag eingeführt.

Bereits in dieser Zeit können Studierende mehr Verantwortung übernehmen und selbstständig das Behandlungsmanagement planen. Viele Studierende planen den Praktikumsort so, dass sie bereits in einer Institution oder in einem Fachbereich arbeiten, in der sie sich eine Zukunft vorstellen können. Wo die eigenen Interessen liegen, lernt man bei der Arbeit am Patienten.

Der Berufseinstieg bietet die Möglichkeit, seine eigene Arbeitsweise zu finden. In meinem Fall habe ich zuerst ein Jahr ohne Weiterbildung gearbeitet, um diese dann planen zu können.

Welche Tipps geben Sie Studierenden?

Für die physiotherapeutische Behandlung von Patientinnen gibt es selten nur einen korrekten Weg. Deswegen ist es wichtig, bereits im Studium die verschiedenen Lernmodule zu vernetzen und Zusammenhänge zu verstehen. Dies hilft bereits in den Praktika, die zudem stark von der Eigeninitiative der Studierenden abhängen.

Die Arbeit am Patienten ist auch geprägt von Rückschlägen und Misserfolgen, weswegen eine gute Beziehung zwischen Therapeuten und Patientinnen nicht zu unterschätzen ist.

Zuletzt ist es wichtig sein eigenes Handeln immer wieder zu hinterfragen und sich laufend weiterzubilden.

Therapeutin für Biokinematik

Julia Suter arbeitet als selbstständige Therapeutin in einer physiotherapeutischen Praxis.

"Als Therapeutin arbeite ich mit den unterschiedlichsten Menschen zusammen."

Julia Suter
Julia Suter


«Der menschliche Körper ist sehr komplex und so sind manchmal einfach erscheinende Befunde plötzlich Knobelarbeiten, die mich immer wieder von Neuem herausfordern.»

Laufbahn
JahrTätigkeit
2017-2019Ausbildung zur Biokinematik Therapeutin, Männedorf
Seit 2018Selbständig als Biokinematik Therapeutin, Liestal und Zunzgen
2012- 2020Angestellt bei Physio Train and Win als Sportphysiotherapeutin, Liestal
2010-2011Ausbildung zur Sportphysiotherapeutin, Zurzach
2008-2012Angestellt im Merian Iselin als Physiotherapeutin, Basel
2004-2008Ausbildung zur Physiotherapeutin Bethesda Schule Basel
Jetzige Tätigkeit

Ich bin selbständige Therapeutin für Biokinematik in der Praxis Via zusammen mit meiner Arbeitskollegin. Wir sind in einer Physiopraxis eingemietet, haben jedoch unsere eigenen biokinematischen Übungsgeräte.

Die Biokinematik ist ein Behandlungskonzept, das sich mit Fehlspannung und Verkürzung der Muskulatur auseinandersetzt. Durch diese verspannte oder verkürzte Muskulatur entstehen Fehlfunktionen derselben, was wiederum zu einer Vielzahl von Beschwerden/Diagnosen führt (Bandscheibenvorfall, Tennisellbogen, etc.). Die Erklärung der Entstehungsweise dieser Beschwerden unterscheidet sich grundsätzlich vom Erklärungsmodell der Physiotherapie, weshalb sich auch die Therapien unterscheiden. Eine typische Biokinematiktherapie besteht aus einer Anamnese, aus der Behandlung von Druckpunkten (um die Spannung in der Muskulatur zu regulieren) und aus Übungen, welche die nicht optimal funktionierenden Muskeln wieder in der maximal möglichen Länge trainieren. Die grosse Gemeinsamkeit von Biokinematik und Physiotherapie ist die grosse Wichtigkeit der Mitarbeit der Patientin. Nur wenn die Übungen auch wirklich regelmässig durchgeführt werden, ist ein nachhaltiger Erfolg möglich.

Die Patienten kommen direkt zu uns. Deshalb ist es wichtig in einem Erstgespräch abzuklären, ob eine Untersuchung bei einer Ärztin notwendig ist oder nicht. Manchmal tausche ich mich mit dem behandelnden Arzt oder anderen involvierten Therapeutinnen aus. Die Biokinematiktherapie ist keine Langzeittherapie, sondern befähigt die Patientin, selber Fehlspannung zu bemerken und sich mit Druckpunkttechnik und Übungen selber behandeln zu können.

Neben der Therapie gehören Büroarbeiten, Materialeinkauf, Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Disziplinen und natürlich auch Weiterbildung zu meinen Tätigkeiten.
Freude an meinem Beruf macht mir die Arbeit mit Menschen – ich bin gerne in Gesellschaft. Als Therapeutin arbeite ich mit den unterschiedlichsten Menschen zusammen, was ich sehr interessant finde. Gerade weil die Menschen und ihre Geschichten sehr unterschiedlich sind, ist eine Therapie nie identisch mit einer anderen. Auch ist der menschliche Körper sehr komplex und so sind manchmal einfach erscheinende Befunde plötzlich Knobelarbeiten, die mich immer wieder von Neuem herausfordern. Auch gibt es in der Medizin immer neues Wissen, es bleibt also immer spannend. Natürlich bewege ich mich selber gerne, weshalb es mir Spass macht, wenn durch die Behandlungen die Bewegungsmöglichkeiten der Patientinnen wieder vergrössert werden.

Berufseinstieg

In der Ausbildung hat man immer wieder Praktika. Nach der Ausbildung zur Physiotherapeutin bewarb ich mich an einem dieser Orte und konnte dort beginnen. Der Berufseinstieg als Biokinematik Therapeutin klappte ebenfalls problemlos. Wir gründeten die Praxis Via und konnten uns in der Physiotherapiepraxis, in der wir noch als Physiotherapeutinnen tätig waren, einmieten.

Tipps

In der Physiotherapie gibt es verschiedene mögliche Spezialisierungsrichtungen. Am Besten macht man während der Ausbildung die Praktika an verschiedenen Orten (z. B. im Kinderspital, in der Neurorehabilitation oder im Akutspital – in einer Privatpraxis kann man während der Ausbildung keine Praktika machen, das wäre zu aufwändig für die Praxen) um so Einblicke zu erhalten und herauszufinden, wo es einem am wohlsten ist und in welche Richtung man sich spezialisieren möchte. Die Praktika sind zudem wie Anstellungen auf Probe und somit eine gute Chance, sich einen Vorteil zu erarbeiten in Bezug auf eine spätere Bewerbung.

Möchte man sich selbständig machen, braucht es Belastbarkeit, Selbständigkeit, Lust auf Eigenständigkeit, Freude am Führen einer eigenen Unternehmung und allenfalls Mut. Auch hilft es, wenn man sich mit jemanden zusammentut, so kann man sich gegenseitig unterstützen und sich austauschen.



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