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Bildende Kunst: Studium selbst erlebt

Wie erfolgte die Studienwahl? Wie wird dieses Fach vermittelt? Ein Einblick in den Hochschul-Alltag

Einen typischen Alltag gibt es nicht

N.S. studiert Kunst und Medien im 8. Semester Bachelor an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK.

Sie haben soeben den BA Kunst und Medien mit Vertiefung Mediale Künste abgeschlossen. Wie kam es zu dieser Studienwahl?

Ich habe mich für den Studiengang Bildende Künste an der ZHDK beworben. Nachdem sie meine Mappe geprüft hatten, wurde ich für das Aufnahmegespräch für den Studiengang Mediale Künste eingeladen, der heute Kunst und Medien heisst.
Das bedeutete für mich damals, dass ich mich selbst nochmals fragen musste, was mich an der Kunst und an diesem Studiengang fasziniert. In Verlaufe meines Studiums wurden die Kunst-Studiengänge mehrmals umstrukturiert. Rückblickend kann ich sagen, dass es auf dasselbe herausgekommen wäre, wenn ich im Studiengang Bildende Kunst aufgenommen worden wäre.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag im Studium aus?

So wirklich einen typischen Alltag gibt es bei mir nicht. Jeder Tag ist etwas anderes und wird am ehesten durch meine Lohnarbeit etwas überschaubarer strukturiert. In der Regel hatte ich an drei Wochentagen insgesamt Seminare. Die übrige Zeit widmete ich der Atelierarbeit und dem Brotverdienst.
Freizeit im Sinne von freien Wochenenden usw. gibt es bei mir nicht. Um damit einen guten Umgang zu finden im Studium oder auch jetzt nach meinem Bachelorabschluss, versuche ich mein Leben nicht zu splitten in Lohnarbeit, Kunstschaffen und Privatleben. Vielmehr nehme ich meine alltäglichen Aufgaben als grosses Ganzes wahr.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Studierenden und Dozierenden?

Mit den Dozierenden hatte ich eher ein schwieriges Verhältnis, da ich sehr eigensinnig bin und mich nicht gerne in Diskussionen einwickeln lasse. Insgesamt konnte ich aber von einigen Dozenzierenden sehr viel profitieren.
Mit den Studierenden machte ich durchwegs gute Erfahrungen. Es sind alle verschieden. Ich empfand die Diskussionen mit anderen Studierenden an der Kunsthochschule als sehr charakterbildend. Einige unter den Studierenden kommen aus besserem Hause, andere aus einfachen Verhältnissen, wiederum andere müssen sehr kämpfen, um überhaupt studieren zu können: People of Color, also Menschen, die nicht weiss sind, Frauen, Menschen mit Behinderungen oder LGBTs. In manchen gemeinsamen Diskussionen sind bei den eher Privilegierten illusionäre Seifenblasen geplatzt.

In welche Kunstprojekte sind Sie aktuell involviert?

Ein Projekt ist "Stereoskop" von Wassili Widmer und Martina Morger: Diese zwei Künstlerinnen und Künstler bewundere ich sehr. Sie haben in diesem Projekt vielen Performerinnen und Performern eine Bühne geboten. Ich konnte da quasi meine Kinderschuhe als Performer einlaufen. Es war für mich eine grosse Ehre, dabei zu sein.
Aktuell arbeite ich an meiner ersten Ausstellung mit meiner Malerei in Zürich. Da habe ich die Möglichkeit im Projektraum "At Studio" der befreundeten Künstlerin Antonina Businger auszustellen. Ich freue mich sehr darauf, mit meiner Malerei an die Öffentlichkeit zu gehen. Diese Ausstellung wird in den nächsten Monaten realisiert.
Für Künstlerinnen und Künstler ist es das A und O, sich ein gutes Netzwerk zu schaffen. Ich kooperiere auch mit anderen Kunstschaffenden für meine Projekte. Derzeit arbeite ich auch an meinen Drag Performances, die mich immer mal wieder als Performance Artist auf eine Bühne bringen.

Planen Sie einen Master anzuschliessen?

Momentan eher nicht. Ich habe für den Moment gerade genug vom intellektuellen Input. Nein, im Ernst: Wenn ich das Gefühl bekomme, es sei nötig, dann werde ich mir das überlegen. Ich finde, man sollte neben dem Studieren das "Machen" nicht vergessen. Es ist mein Ziel, mich als Mensch und als Künstler weiter zu entwickeln.

Wie bestreiten Sie den Lebensunterhalt?

Das ist ein schwieriger Punkt. Dazu gibt es immer wieder grosse Diskussionen. Selbstverständlich ist der Weg als freischaffender Künstler verlockend, aber dabei muss man sich bewusst sein, dass es ein enormer Aufwand ist, wenn man davon leben können will. Dazu braucht es auch Beziehungen, evtl. sogar einen Mäzen oder eine Mäzenin. Das haben die wenigsten.
Bei mir sehe ich es als Prozess. Ich habe eine solide Ausbildung als Fachmann Gesundheit und damit einen guten Weg, meine Brötchen zu verdienen. Und an meiner Kunst kann ich daneben arbeiten. Dass ich vor dem Kunststudium eine abgeschlossene Lehre hatte, ist für mich auch ein Privileg. Andere Kunstschaffende haben evtl. keine Zweitausbildung und setzen alles auf diese Karte. Das verändert das künstlerische Schaffen, wenn man davon auch leben können muss.

Was würden Sie jungen Leuten raten, die sich für Bildende Kunst/Kunst und Medien interessieren?

Im Kontext der Hochschulen müsst Ihr viel lesen. Erschafft Euch ein grosses Spektrum an Allgemeinwissen, um einen guten Einstieg in die Diskussionen der Kunsthochschule zu finden und mithalten zu können. Die Kunst ist geprägt von dieser Gesellschaft mit ihrer kolonialen Geschichte und Denkmustern. Seid Euch bewusst, dass Kunst politisch ist!



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