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Gender Studies / Geschlechterforschung: Studium selbst erlebt

Wie erfolgte die Studienwahl? Wie wird dieses Fach vermittelt? Ein Einblick in den Hochschul-Alltag

Es braucht mehr von uns – die Gesellschaft hat das nötig

T. U. studiert Geschlechterforschung im 1. Semester Master an der Universität Basel UNIBAS.

Es braucht uns Geschlechterforschenden, um Phänomene wie Sexismus, aber auch Rassismus und Homophobie zu erklären und Mittel zu liefern, sie zu bekämpfen. Geschlechterforschung ist eigentlich eine Wissenschaft gewordene Strömung des Feminismus. Der Drang, etwas zu ändern, die Gesellschaft zu verbessern, weht heute noch durch unsere Vorlesungen und Seminare.
Ich habe mich schon immer unwohl gefühlt mit den starren Zuschreibungen in unserer Gesellschaft. Mit der Zeit habe ich begonnen, Geschlechterrollen und sexuelle Orientierungen zu hinterfragen: Was macht mich eigentlich zu einem schwulen Mann? Wie viel ist mir anerzogen worden? Auf Geschlechterforschung bin ich dann aber vor allem durch meinen LGBT – Aktivismus (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) gekommen.

Vielfältiges Studienangebot

Besonders motivierend finde ich die grosse Vielfalt des Studienangebots. Ich kann beispielsweise politologische Seminare besuchen, die sich mit Rechtspopulismus beschäftigen, oder ein historisches Seminar über das Frauenstimmrecht aber auch etwas Sozialwissenschaftliches, wo es um moderne Interpretationen der Ehe geht.
Das Zentrum Gender Studies an der Uni Basel ist sehr familiär und das Betreuungsverhältnis sehr gut. Wir Studierende haben einen guten Kontakt untereinander. So gibt es einmal im Monat den Stammtisch Gender Studies, wo wir gemeinsam diskutieren, Filme schauen oder Partys schmeissen.

Geschlechterforschung ist interdisziplinär

Interdisziplinär heisst, dass wir das Thema Geschlecht, unseren Forschungsgegenstand, aus verschiedensten Perspektiven betrachten, nämlich mit den vielen Methoden, die uns die einzelnen Disziplinen mitgeben. Interdisziplinär bedeutet aber auch, sich bewusst zu sein, dass die einzelnen Disziplinen an der Uni historisch gewachsen und eigentlich künstliche Trennungen sind. Unser Leben und unser Alltag sind ja auch nicht disziplinär unterteilt.

Das Angebot ist jedes Semester wirklich vielfältig

M. B. studiert Gender Studies im 5. Semester Master an der Universität Zürich UZH

Womit beschäftigen Sie sich aktuell?

Im Moment beschäftige ich mich mit den Machtstrukturen, die in unserer Gesellschaft allgegenwärtig sind: Machtstrukturen in Bezug auf das Patriarchat, in Bezug auf Rassismus, die Privilegien sowie die normative Wirkung der Weissen im Gegensatz zu anderen Ethnizitäten.
In meiner Masterarbeit möchte ich mich auf Sprache fokussieren. Was hat Sprache für eine Bedeutung, was für eine Macht in Bezug auf Identitätsbildung, Rollenzuschreibungen, Privilegierungen u.v.m.

Wieso haben Sie für Ihr Masterstudium Gender Studies gewählt?

Ich habe in meinem Bachelor Erziehungswissenschaften studiert und mich in meiner Bachelorarbeit mit Geschlechterforschung beschäftigt. Ich wollte zunächst keinen Master machen, bin dann aber auf das spezialisierte Masterprogramm der Universität Zürich gestossen.
Ich finde das Feld einfach sehr interessant, weil es mit allen Bereichen verstrickt ist und einen Einblick in sehr viele Fächer ermöglicht. Das heisst, dass neben den eigenen Veranstaltungen der Gender Studies Vorlesungen, Seminare usw. anderer Institute angeboten werden, die inhaltlich etwas mit Geschlechterforschung/Gender Studies/Diskriminierung/Diversität usw. zu tun haben. Etwa „Gender und Diversität an Hochschulen“ vom Soziologischen Institut oder „Soziale Bewegung und Protest“ vom Institut für Politikwissenschaften. Und gleichzeitig verlässt man das eigene Interessengebiet nicht, sondern nimmt dieses wie einen Rucksack zu den anderen Disziplinen mit.

Haben Sie bereits Überlegungen zu Ihrer späteren Berufstätigkeit gemacht?

Mein Traum wäre, eine Stelle zu bekommen, in der ich mein erlerntes Wissen in Bezug auf Gleichstellungsthemen anwenden und weiterentwickeln kann. Wo diese Stelle sein wird – in der Verwaltung oder in der Privatwirtschaft –, dazu habe ich noch keine konkreten Vorstellungen. Im Moment gibt es zahlreiche Consulting Firmen, die sich auf Gleichstellung & Diversity in Betrieben spezialisiert haben. Kantonale und lokale Stellen wie  die Fachstellen für Gleichstellung bieten ebenfalls Jobaussichten. Ich würde mich sehr freuen, in einer dieser Stellen unterzukommen, kann mir im Moment aber auch eine akademische Karriere vorstellen.



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