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Kulturanthropologie / Populäre Kulturen: Studium selbst erlebt

Wie erfolgte die Studienwahl? Wie wird dieses Fach vermittelt? Ein Einblick in den Hochschul-Alltag

Alltägliches hinterfragen

J.S. studiert Kulturanthropologie und Ethnologie im 5. Semester Bachelor an der Universität Basel UNIBAS.

In der Kulturanthropologie geht es vor allem um eine Perspektive, die nahe an den Menschen ist. Man geht selbst zu Menschen, fragt nach ihren Vorstellungen und versucht so vom Kleinen auf das Grosse zu schliessen. In der Kulturanthropologie wird Kultur nicht als Hochkultur wie Theater, Oper oder Literatur verstanden, sondern als Prozesse, wie Menschen ihr Leben, ihren Alltag gestalten und ihm Sinn verleihen. Es geht darum, Alltägliches und vermeintlich Einleuchtendes zu hinterfragen. Wenn also jemand sagt "Das war schon immer so" oder "Das macht man einfach so", geben sich Kulturanthropologinnen damit nicht zufrieden. Sie fragen kritisch nach und gehen dem auf den Grund.

Am Studium gefällt mir, dass ich grösstenteils selbst entscheiden kann, welche Kurse ich belege und wo ich Schwerpunkte setzen möchte. Thematisch ist das Kursangebot sehr breit und divers. Ich kann ein Seminar zu Nacht besuchen und darüber schreiben, wie Jugendliche Nacht am Bahnhof erleben, mich in einem anderen Seminar mit der Entwicklung der europäischen Mode im Laufe der Jahrhunderte beschäftigen und in einer Vorlesung darüber nachdenken, wie Wissen und Macht zusammenhängen. Diese Vielfalt motiviert mich sehr und ich habe in praktisch jedem Kurs mindestens einen Moment, in dem ich mich in meinem Studienentscheid bestätigt fühle.

Die meisten meiner Mitstudierenden sind sehr engagierte, motivierte und interessierte Menschen, die neben dem Studium arbeiten und für andere da sind. In vielen Kursen sind nicht mehr als zehn bis zwanzig Leute. Das führt zu einer sehr persönlichen Atmosphäre, man lernt schnell neue Menschen und andere fachliche Perspektiven kennen, kann besser diskutieren und sich selber öfter einbringen.

Unsichtbares sichtbar machen

A.-L.B. studiert Empirische Kulturwissenschaft und Geschichte im 2. Semester Master an der Universität Zürich UZH.

Wir betrachten scheinbar Alltägliches und Popkulturelles kritisch und mit einer bestimmten Art des Denkens. Wer spricht wie über politische Themen in den Medien und was sagt das über unsere Medien aus? Wie inszenieren sich Popstars auf der Bühne und wieso macht das etwas mit uns? Ist mein altes Fantasybuch tatsächlich so unschuldig, wie ich bisher gedacht habe?

Die Kulturanthropologie gibt uns Wissen und Werkzeuge, mit denen wir die Welt um uns herum besser verstehen können. Sie macht scheinbar Unsichtbares sichtbar und lässt Menschen sprechen, die sonst nicht gehört werden. Wir lernen uns selbst im Kontext einer globalisierten Welt zu verstehen, uns unserer eigenen Privilegien bewusst zu werden und soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft besser zu verstehen.

Unsere Interessen liegen auf der eigenen Lebenswelt: auf popkulturellen Phänomenen wie Musik, Literatur, Filmen, Serien, Social Media, aber auch alltäglichen Phänomenen wie Bräuchen, Festen, sozialen Strukturen oder politischen Fragen. Methodisch arbeiten wir sehr ähnlich wie die Ethnologie, machen auch Interviews und gehen mit dem Notizbüchlein ins Forschungsfeld.

Ich habe bereits eine ganze Menge Arbeiten verfasst, z.B. zu einem Horrorfilm, einer Märchenserie, einem Hip-Hop-Podcast, zu Werwölfen, einem Musiklabel im kolonialen Guinea und Musikvideos von "Schwarzen Artists", welche in Museen gedreht worden sind.

Mein Traum wäre es, Teil des Entwicklungsprozesses einer TV-Serie, eines Filmes, eines Games oder eines musikalischen Projektes zu sein. Jede popkulturelle Produktion benötigt auch Menschen, die Kultur auf einem tieferen, analytischeren Level verstehen. Das Radio wäre natürlich auch ein Traumjob, da ich das Medium unglaublich interessant finde und mich dort Musik weiterhin begleiten würde.



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